Mit einem tiefen Seufzer unterschrieb ein Klient den Insolvenzantrag, den er gemeinsam mit dem Schuldnerberater fertiggestellt hatte. Auf die Frage, ob ihm nicht gut sei, antwortete der Klient: "Im Gegenteil, endlich habe ich das Gefühl, dass ich einen entscheidenden Schritt weitergekommen bin."
Die Beraterinnen und Berater der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Paderborn-Höxter e.V. kennen diese Situationen. Bereits das erste Gespräch eröffnet vielen neue Perspektiven. Es zeichnen sich wieder Lösungsmöglichkeiten ab, wo vorher nur Chaos, Angst und Verwirrung herrschte.
"Unser Ziel ist es, die Menschen zu beruhigen und die nächsten Schritte zu besprechen, sie über ihre Rechte auch in Mahn- und Vollstreckungsverfahren aufzuklären," erklärt Herta Deuermeier von der Schuldnerberatung der Diakonie in Warburg. Eine "erste Hilfe" ist die Unterstützung bei der Sicherung der Existenzgrundlage, wenn Klientinnen und Klienten zum Beispiel mit Stromabschlägen, Mieten oder Krankenkassenbeiträgen in Verzug sind.
Die Mitarbeitenden der Diakonie unterstützen bei der Sicherung des Existenzminimums durch Pfändungsschutzmaßnahmen. "Wir weisen darauf hin, dass das Girokonto in ein P-Konto umgewandelt werden kann oder stellen P-Kontobescheinigungen aus, um die Pfändungsfreigrenzen zu erhöhen, damit vom Einkommen Kinder oder Ehepartner versorgt oder Nachzahlungen sichergestellt werden können", weiß Herta Deuermeier.
Wenn sich die wirtschaftliche Situation stabilisiert und sich auch die psychische Situation verbessert hat, geht es über in die "zweite Hilfe" der Schuldnerberatung. Die Gläubiger werden angeschrieben und um Forderungsaufstellungen gebeten. "Diese aufgeschlüsselten Forderungsaufstellungen überprüfen wir. Leider stellen wir nicht selten fest, dass insbesondere Inkassobüros oder auf Schuldenbeitreibung spezialisierte Anwaltskanzleien überhöhte Kosten in Rechnung stellen. Dieses monieren wir erfolgreich", sagt Schuldnerberaterin Anja Auspurg.
Nach der Feststellung der Schuldenhöhe erstellen die Mitarbeitenden einen sogenannten Regulierungsplan. "Manchmal müssen auch Geldbußen oder Geldstrafen vorrangig reguliert werden, bevor es an die anderen Schulden geht", bemerkt Auspurg. Wenn die Schulden überschaubar sind und die Einkommenssituation Ratenzahlungen zulässt, kann man über Ratenpläne oder Vergleiche eine außergerichtliche Lösung erreichen.
Häufig sind die Einkommen jedoch so niedrig, dass der Schuldenberg nicht mehr ohne ein Verbraucherinsolvenzverfahren bewältigt werden kann. Die Beratungsstelle der Diakonie ist seit 1999 eine anerkannte Insolvenzberatungsstelle, begleitet den obligatorischen außergerichtlichen Einigungsversuch und bescheinigt dessen Ergebnis.
Interessierte können seit kurzem wieder an Informationsveranstaltungen zum Insolvenzverfahren teilnehmen. Diese finden in regelmäßigen Abständen abends in den Räumen der Diakonie Paderborn-Höxter e.V. statt. Hier wird über den Verlauf des Insolvenzverfahrens und die Rechte und Pflichten während des Verfahrens aufgeklärt. "Uns ist es wichtig, dass die Klienten im Vorfeld gut informiert sind und wissen, was auf sie zu kommt. Wir stehen auch im Verfahren selbst für Rückfragen zur Verfügung", erläutert Herta Deuermeier.
Sorgen bereiten den Beraterinnen und Beratern natürlich die derzeitige Situation durch den Krieg in der Ukraine, die steigenden Gas-, Energie- und Lebensmittelpreise, das Inflationsgeschehen und deren mittel- und unmittelbaren Auswirkungen auf die Bevölkerung. "Ich hoffe, dass die sozialpolitischen Rahmenbedingungen auf kommunaler und staatlicher Ebene so gestaltet werden, dass die finanziell schwachen Familien vor den Folgen der Inflation und der Energiekrise geschützt werden und die soziale Schere nicht noch weiter auseinandergeht", sagt Astrid Schäfers, Teamleitung der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Paderborn-Höxter e.V.
Für Deuermeier und Auspurg sowie das gesamte Team der Schuldnerberatung der Diakonie gilt in diesen herausfordernden Zeiten weiterhin und umso mehr: "Wenn Überschuldung droht oder eingetreten ist, dann sind wir für die Betroffenen da."