Erinnerung an jüdische Geschichte | Hofgeismar Aktuell

Veröffentlicht am 28.01.2024 18:20

Erinnerung an jüdische Geschichte

Julia Drinnenberg (links) führte am Vorabend des Holocaust-Gedenktages interessierte Menschen durch die jüdische Ausstellung und gab dabei einen Einblick in die jüdische Geschichte und Kultur aber auch die Schicksale der Hofgeismarer Juden. Im Bild ist das Modell der einstigen Synagoge am Petriplatz zu sehen. (Foto: Stefan Bönning)
Julia Drinnenberg (links) führte am Vorabend des Holocaust-Gedenktages interessierte Menschen durch die jüdische Ausstellung und gab dabei einen Einblick in die jüdische Geschichte und Kultur aber auch die Schicksale der Hofgeismarer Juden. Im Bild ist das Modell der einstigen Synagoge am Petriplatz zu sehen. (Foto: Stefan Bönning)
Julia Drinnenberg (links) führte am Vorabend des Holocaust-Gedenktages interessierte Menschen durch die jüdische Ausstellung und gab dabei einen Einblick in die jüdische Geschichte und Kultur aber auch die Schicksale der Hofgeismarer Juden. Im Bild ist das Modell der einstigen Synagoge am Petriplatz zu sehen. (Foto: Stefan Bönning)
Julia Drinnenberg (links) führte am Vorabend des Holocaust-Gedenktages interessierte Menschen durch die jüdische Ausstellung und gab dabei einen Einblick in die jüdische Geschichte und Kultur aber auch die Schicksale der Hofgeismarer Juden. Im Bild ist das Modell der einstigen Synagoge am Petriplatz zu sehen. (Foto: Stefan Bönning)
Julia Drinnenberg (links) führte am Vorabend des Holocaust-Gedenktages interessierte Menschen durch die jüdische Ausstellung und gab dabei einen Einblick in die jüdische Geschichte und Kultur aber auch die Schicksale der Hofgeismarer Juden. Im Bild ist das Modell der einstigen Synagoge am Petriplatz zu sehen. (Foto: Stefan Bönning)

„Es braucht keinen Anlass, um daran zu erinnern, wie das Unvorstellbare möglich wurde“ – mit diesen Worten eröffnete Julia Drinnenberg vom museumspädagogischen Team die Führung zum 79. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die jüdische Ausstellung des Hofgeismarer Stadtmuseums. Dabei ging sie, gemeinsam mit ihrem Kollegen Arnd Naundorf, auch der Frage nach, wie es zu einer derartigen Verrohung der Zivilgesellschaft hat kommen können, woher die völkischen Tendenzen jener Zeit rühren. Keiner der jüdischen Bürger aus Hofgeismar, Grebenstein, Trendelburg, Meimbressen und Sielen habe die Befreiung am 27. Januar 1945 erlebt. Sie sind in Auschwitz und den anderen Orten des Schreckens von den Nazis ermordet worden.

Lange Geschichte

Erste Nachweise jüdischen Lebens in der Stadt stammen aus dem Jahr 1470. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), durch dessen Schrecken sich die Bevölkerung um ein Drittel verringert hatte, holte der Kasseler Landgraf Menschen in die Region – neben den Hugenotten auch Menschen jüdischen Glaubens. Diese richteten im Jahr 1695 einen jüdische Friedhof in Hofgeismar ein, wichtiger Meilenstein für die Konstituierung einer jüdischen Gemeinde. 1764 folgte die Einweihung der Synagoge. In 1811 wurde sogar eine jüdische Schule etabliert, welche allerdings nur rund 100 Jahre Bestand hatte, denn bereits im Kaiserreich gab es antisemitische Tendenzen. Dennoch waren die Menschen jüdischen Glaubens über die Jahrhunderte anerkannte und geschätzte Mitglieder der Stadtgesellschaft. Es waren arme Familien dabei, aber auch erfolgreiche und wohlhabende Kaufleute, Handwerker und Lehrer, eben ganz normale Bürgerinnen und Bürger, die in den Alltag der Kleinstadt eingebunden waren, wie beispielsweise Louis Heilbrunn, der in den 1890er Jahren Feuerwehrhauptmann und einer der Mitbegründer und späterer Vorsitzender der TSG Hofgeismar war.

Abrupter Bruch

In 1933 nach der Machtübernahme der Nazis kam es abrupt zum Bruch mit den bis dahin geachteten jüdischen Mitbürgern. Es herrschten Hass, Boykott und Brandmarkung. Fanden die Repressionen durch die Nazis zunächst nur geringe Akzeptanz in der Bevölkerung, wurden sie nach und nach zur Normalität und dann gar bejubelt. Julia Drinnenberg berichtete von der Flut der etwa 2000 antijüdischen Gesetze, die in den Nürnberger Gesetzen gipfelten und so die vom Regime erdachten Torturen quasi legalisieren sollten. Von Misshandlungen über Enteignungen und dem Verbot der Teilhabe am öffentlichen Leben, bis hin zu ganz privaten Dingen, wie etwa dem Zwang zur Abgabe von Haustieren, reichte der perfide Terror der Machthaber. Das alles gipfelte schließlich in der Ermordung von Millionen von Menschen, die einfach nicht in das Weltbild der Nazis passten. Aber, und auch daran wurde während der Führung erinnert, nicht alle Hofgeismarer machten hierbei mit und widersetzten sich sogar den Nazis: Werner und Anni Hermann, Frieda Seidel, Elfriede Wiegand und Hedwig Israel standen zu ihren jüdischen Mitbürgern und Freunden oder unterstützen sie, obwohl ihnen bewusst war, dass sie mit Konsequenzen rechnen mussten.

Wenige konnten entkommen

Am Beispiel der Familie Goldschmidt, einst eine angesehene und wohlhabende Familie in der ehemaligen Kreisstadt, erzählten Drinnenberg und Naundorf, dass bei all dem Elend doch einige Menschen dem NS-Terror entkommen konnten. Gustav Goldschmidt hatte schon früh erkannt, wie brutal das Regime vorgehen würde und hat die Ausreise frühzeitig vorbereitet. So wurde Sohn Erwin im Zuge eines Kindertransportes mit 13 Jahren in die USA geschickt, die Familie konnte im Sommer 1939 folgen. Doch nicht viele hatten das Glück dem verbrecherischen System zu entkommen – an all diese Menschen erinnert eine Tafel im Stadtmuseum, auf der die lange Liste mit den Namen der Ermordeten aus den jüdischen Gemeinden in den Altkreisen Hofgeismar und Wolfhagen aufgeführt ist.

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