Gedenken an Novemberpogrome | Hofgeismar Aktuell

Veröffentlicht am 12.11.2023 16:58

Gedenken an Novemberpogrome

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten der Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren am ehemaligen Ort der Synagoge am Hofgeismarer Petriplatz gefolgt. (Foto: Stefan Bönning)
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten der Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren am ehemaligen Ort der Synagoge am Hofgeismarer Petriplatz gefolgt. (Foto: Stefan Bönning)
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten der Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren am ehemaligen Ort der Synagoge am Hofgeismarer Petriplatz gefolgt. (Foto: Stefan Bönning)
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten der Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren am ehemaligen Ort der Synagoge am Hofgeismarer Petriplatz gefolgt. (Foto: Stefan Bönning)
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten der Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren am ehemaligen Ort der Synagoge am Hofgeismarer Petriplatz gefolgt. (Foto: Stefan Bönning)

Das Stadtmuseum, die evangelische Stadtkirchengemeinde und die katholische Kirche Hofgeismar hatten zu einer Gedenkfeier für die Opfer der Novemberpogrome 1938 an den Platz der ehemaligen Synagoge am Petriplatz eingeladen.

Wie überall in Deutschland, wurden vor 85 Jahren auch in Hofgeismar Menschen jüdischen Glaubens misshandelt, ihre Wohnungen und Geschäfte zerstört, sie wurden willkürlich verhaftet und verschleppt und schliesslich in den Konzentrationslagern ermordet. 38 Hofgeismarer Bürgerinnen und Bürger fielen dem Terror zum Opfer. Ihnen und vielen weiteren Millionen ermordeten Juden wurde im Rahmen der alljährlichen Feierstunde gedacht und an die schlimmen Schicksale erinnert.

„Es ist jedes Jahr wieder notwendig, an die grauenvollen Tage und Nächte vor 85 Jahren zu erinnern“, so Initiatorin Julia Drinnenberg. „Dieses Jahr sehen wir vor dem Hintergrund der unfassbaren Ereignisse in Israel und Gaza mehr denn je, dass Judenhass und Antisemitismus auch nach 85 Jahren nicht verschwunden sind – im Gegenteil!“, fuhr Drinnenberg fort. Sie stellte die Frage, wie es möglich sein konnte, dass seinerzeit vor aller Augen Zerstörung, Plünderung, willkürliche Verhaftungen und sogar Mord stattfinden konnten, ohne dass es Widerspruch aus der Bevölkerung gab. Waren die Hofgeismarer doch christlich erzogen und humanistisch gebildet. Wie konnte es passieren, daß normale Bürger mitmachten, Beifall klatschten oder mit Genugtuung zuschauten? Die Antwort darauf machte Drinnenberg in ihrer Rede bereits im Jahr 1933 fest, als nach der Machtergreifung der Nazis Juden von Beginn an ausgegrenzt, gedemütigt und misshandelt wurden: Erst nahm man ihnen ihre Bürgerrechte, dann ihre Menschenrechte und schließlich ihr Recht auf Leben. Ob die Hofgeismarer diese Entwicklung von 1933 bis 1938 hämisch, mit Mitleid oder sogar Wut hingenommen hatten? Darauf gebe es keine gesicherte Antwort. Aber sicher sei, so Drinnenberg, dass allen dieses Unrecht in den Jahren vor dem 9. November 1938 bekannt war und es hingenommen wurde. Erreicht wurde das durch die gewaltigen Propaganda der Nazis, die die Köpfe der Menschen von frühester Jugend an indoktrinierte – bis all das normal erschien. So normal, dass Zivilisten zu willfährigen Helfern der Verbrecher wurden. Als Lehre aus diesen Ereignissen gelte heute mehr denn je, im persönlichen Handeln und Lebensumfeld jedes Einzelnen, dass die Menschenrechte bedingungslos zu verteidigen seien und dass die Würde aller Menschen unantastbar sei.

Pfarrerin Dr. Gabriele Kölling von der evangelischen Stadtkirchengemeinde brachte ihre Scham darüber zum Ausdruck, dass es Christen waren, die während der NS-Zeit solch unfassbare Verbrechen an Mitbürgerinnen und Mitbürgern begangen oder schweigend geduldet hatten.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkfeier verlasen die Namen der Hofgeismarer Opfer des NS-Terrors vor 85 Jahren, Namen jener Menschen, die aus Hofgeismar verschleppt und in den Konzentrationslagern der Nazis brutal ermordet wurden.

Die musikalische Gestaltung der Gedenkfeier hatten die Hofgeismarer Sopranistin Dagmar Jahn und ihr Mann Dr. Lothar Jahn (Gitarre) übernommen. Sie spielten ein Lied nach einem Gedicht der Lyrikerin und Widerstandskämpferin Hannah Szenes (1921-1944), vertont vom israelischen Komponisten David Zehavi (1910-1977) und das Schlaflied „Wiegala“ der Schriftstellerin und Komponistin Ilse Weber (1903-1944), welches sie 1942 für die Kinder im Kinderkrankenhaus Theresienstadt komponierte, die sie betreute und mit denen sie in Auschwitz-Birkenau in den Tod ging.

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